Selbstverteidigung: Welche Waffen und Maßnahmen sind erlaubt?
Angesichts zunehmend unsicherer Zeiten versuchen immer mehr Menschen, sich bewusst auf Situationen vorzubereiten, in denen sie sich verteidigen müssen. Das umfasst auch, zur Selbstverteidigung Waffen mitzuführen. Doch nicht alle Waffen, die legal erworben werden können, sind auch zur Selbstverteidigung erlaubt. Um sich in einer Notwehr-Situation durch den Einsatz einer unerlaubten Waffe nicht selbst ins Fadenkreuz der Strafverfolgung zu bringen, sollte man daher genau wissen, welche Waffen und Gegenmaßnahmen im Rahmen der Selbstverteidigung erlaubt sind.
Wir geben dazu in diesem Artikel umfassende Tipps und Hintergrundinformationen.
Selbstverteidigungswaffen: von Pfefferspray bis Kubotan
Als legale Selbstverteidigungswaffen stehen in Deutschland eine ganze Palette an Gegenständen und Geräten zur Verfügung. Hinzu kommt, dass man im Notfall auch sämtliche anderen Dinge als Waffe nutzen kann – ob Rucksack, Schlüssel, Trinkflasche oder Kugelschreiber. Viele der gängigen Selbstverteidigungswaffen zeichnen sich durch eine kompakte Bauweise aus, so dass man sie für Notfälle in die Handtasche oder Jackentasche packen kann.
Häufig anzutreffende Waffen für die Selbstverteidigung sind:
- Elektroschockgeräte
- Kubotan / Tactical Pens
- Abwehrsprays
- Schreckschusspistolen
- Schlagstöcke / Sicherheitsregenschirme
- Messer
Elektroschockgeräte im Einsatz als Selbstverteidigungswaffen
Einen Angreifer mit sicherem Abstand durch Elektroschocks außer Gefecht setzen: Das klingt durchaus nach einer funktionierenden Strategie für die Selbstverteidigung. Allerdings sind Elektroschockgeräte in Deutschland laut Waffengesetz verboten und nur in absoluten Ausnahmen erlaubt. Lediglich Modelle, die das PTB-Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt tragen, darf man bei sich führen und im Notfall für die Selbstverteidigung einsetzen.
Das bedeutet nämlich, dass die Stärke des Elektroschocks nicht lebensgefährlich ist und dass das Gerät sich nach kurzer Zeit von selbst abschaltet. Kauf und Besitz solcher Geräte ist jedoch erst ab 18 Jahren erlaubt. All diese Geräte sind keine Distanz-Waffen. Sie können daher nur bei direkter körperlicher Konfrontation in unmittelbarer Nähe angewandt werden.
Zudem ist wichtig: Auch erlaubte Elektroschockgeräte dürfen nicht bei öffentlichen Veranstaltungen mitgeführt werden.
Da Elektroschockgeräte mit PTB-Prüfzeichen relativ klobig sind und man beim Einsatz in direkter körperlicher Konfrontation extrem aufpassen muss, sich nicht unabsichtlich selbst zu schocken, sind sie als Selbstverteidigungswaffen nur bedingt geeignet.
Nahkampfwaffen zur Selbstverteidigung: Kubotan und Tactical Pens
Beliebte Kleinwaffen für die Selbstverteidigung sind das Kubotan bzw. Tactical Pens. Das Kubotan stammt aus dem Umfeld asiatischer Kampfsportarten wie Krav Maga, Karate und Jiu Jitsu. Es ist stabförmig, hat die Länge eines Kugelschreibers, besteht aus massivem Metall und besitzt ein spitzes Ende. Das Kubotan ist dazu gedacht, sogenannte Druckpunkte zu treffen, an denen sich Nerven befinden.
Dadurch werden Schläge gegen einen Angreifer deutlich wirkungsvoller und schmerzhafter – und können dazu führen, dass Aggressoren vom Angriff ablassen. In Form eines Schlüsselanhängers ist ein Kubotan einfach zu transportieren und leicht erreichbar.
Allerdings sollte man wissen, was man tut, wenn man damit zuschlägt. Denn nur so kann man die richtigen Punkte treffen, die einen Angreifer wirksam außer Gefecht setzen – und schwere Verletzungen vermeiden. Daher empfiehlt es sich, einen Selbstverteidigungskurs zu machen, um den Einsatz eines Kubotans zu üben.
Kubotans sind frei verkäuflich und dürfen offen getragen werden.
Die Vor- und Nachteile von Abwehrsprays zur Selbstverteidigung
Abwehrsprays, landläufig als Pfefferspray bezeichnet, erfreuen sich wachsender Beliebtheit als Selbstverteidigungswaffen. Allerdings fallen Produkte, die tatsächlich als „Pfefferspray“ oder auch als Tränengas deklariert sind, unter das Waffenrecht. Frei verkäuflich und auch für Personen unter 18 zu erwerben sind jedoch Modelle, die als „Tierabwehrspray“ deklariert sind.
Es ist allerdings verboten, derartige Abwehrsprays zu öffentlichen Versammlungen mitzubringen. Bei Konzert, Festival, Demo oder Volksfest sollte man es also lieber nicht in der Tasche haben.
Als Selbstverteidigungswaffe spielt das Abwehrspray seine Stärke aus, indem es die Schleimhäute des Angreifers reizt. Das hat Schmerzen sowie tränende Augen zur Folge. In extremen Fällen können die Augen sogar zuschwellen und es kann zu starken Hustenanfällen kommen. Das Ziel ist damit auf jeden Fall erreicht: den Angreifer wirksam abzuschrecken und ein Stück weit handlungsunfähig zu machen.
Doch Vorsicht: Beim Sprühen mit einem Abwehrspray immer darauf achten, dass man nicht gegen den Wind steht. Ansonsten bekommt man die Wirkung des Sprays nämlich selbst zu spüren. Am besten testet man das Spray in einem sicheren Umfeld, draußen. Dann stellt man auch fest, wie weit der Sprühstrahl reicht – was im Ernstfall sehr wertvoll sein kann.
Jetzt beraten lassen
Begrenzt erlaubt: Schreckschusswaffen für die Selbstverteidigung
Schreckschusswaffen sind Geräte, die Platzpatronen oder Gaspatronen verschießen und dabei einen lauten Knall verursachen. Dieser Knall ist verantwortlich für den „Schreck“, den diese Waffe beim Gegenüber auslösen soll. Um eine Schreckschusspistole mitführen zu dürfen, muss man mindestens einen kleinen Waffenschein besitzen und 18 Jahre alt sein. Abfeuern darf man solch eine Pistole jedoch nur im absoluten Notfall.
Denn beim Abfeuern von Schreckschusswaffen in direkter Nähe kann man einen Menschen schwer verletzen. Allerdings können diese Waffen sehr abschreckend wirken, denn ein Aggressor kann kaum erkennen, dass er es nicht mit einer echten Pistole zu tun hat.
Daher kann es durchaus eine Strategie sein, die Schreckschusspistole zu ziehen, um den Angreifer durch Abschreckung in die Flucht zu schlagen. Bei öffentlichen Veranstaltungen dürfen Schreckschusswaffen allerdings nicht mitgeführt werden.
Spielzeugpistole? – Eher eine schlechte Idee
Wer bei der Selbstverteidigung komplett auf Abschreckung setzen und zu diesem Zweck eine Spielzeugpistole als Attrappe mitführen möchte, kann übrigens echte Probleme bekommen. Denn das Führen sogenannter „Anscheinswaffen“ in der Öffentlichkeit ist laut § 42a des Waffengesetzes verboten.
Selbstverteidigung mit Reichweite: Schlagstöcke und Sicherheitsregenschirme
Der Einsatz von Schlagstöcken bei der Selbstverteidigung ist eine heikle Sache. Denn man darf die als Hiebwaffen klassifizierten Waffen zwar besitzen, aber nur im äußersten Notfall auch führen. Schlagstöcke fallen unter das Waffengesetz. Da sie für erhebliche Verletzungen sorgen können, gelten strenge Regeln für den Einsatz der Schlagstöcke als Verteidigungswaffen.
Zudem erlauben Schlagstöcke, ganz besonders in der Bauart eines Teleskopschlagstocks, das Gegenüber mit etwas Abstand zu treffen. Das kann in einer Bedrohungssituation dazu verleiten, den Schlagstock einzusetzen, bevor überhaupt ein Angriff des Aggressors erfolgt ist. Wenn das passiert, steht man dann plötzlich selbst als Angreifer da – und muss eventuelle strafrechtliche Konsequenzen fürchten. Hinzu kommt, dass Schlagstöcke relativ sperrig sind und beim Transport deutlich ins Gewicht fallen.
Ein wichtiges Einsatzfeld für Schlagstöcke ist allerdings die berufsbedingte professionelle Selbstverteidigung. Bei Sicherheitsunternehmen wie dem Golden Eye Sicherheitsdienst zählen die Geräte daher in vielen Einsatzfeldern zur Grundausstattung. Denn mit entsprechender Ausbildung kann man sie sehr wirksam bei der Sicherheitsarbeit einsetzen.
Eine Alternative als Schlagwaffe für Durchschnittsbürger stellen Sicherheitsregenschirme dar. Das sind Regenschirme, die extrem robust und stabil gebaut sind und als „unzerbrechlich“ beworben werden. Sie haben meist einen harten Knauf als Griff, der als Schlagwaffe eingesetzt werden kann. Der Vorteil dieser Schirme als Mittel zur Selbstverteidigung ist, dass man ihre Grundfunktion als Regenschutz in jedem Fall nutzen kann. Wenn man ohnehin einen Regenschutz braucht, fällt es nicht allzu nachteilig ins Gewicht, dass die Schirme recht sperrig und schwer sind.
Zweischneidiges Schwert: Messer als Selbstverteidigungswaffe
Messer sind aufgrund diverser schwerer Vorfälle extrem umstritten. Gesetzmäßig ist es erlaubt, ein Klappmesser oder ein Messer mit einer feststehenden Klinge bis zu 8,5 cm Länge mitzuführen. Verboten sind allerdings Varianten wie Butterfly- oder Einhandmesser, also Messer, die mit einer Hand in Sekundenschnelle geöffnet werden können.
Und da zeigt sich schon das Problem beim Einsatz eines Messers in einer Verteidigungssituation: Man hat bei einem Angriff in der Regel keine Zeit, umständlich das sicher verstaute Messer aus der Tasche zu holen bzw. das Taschenmesser mit beiden Händen aufzuklappen.
Hinzu kommt, dass die Gefahr, sich beim Hantieren mit einem Messer in einer angespannten Situation selbst zu verletzen, recht hoch ist. Zudem sind Messer häufig gefährliche Angriffswaffen. Das bedeutet: Wenn man im Handgemenge das eigene Messer verliert, wird der Angreifer plötzlich noch viel gefährlicher und die Situation noch unbeherrschbarer.
Aus all diesen Gründen raten Experten davon ab, ein Messer als Verteidigungswaffe mitzuführen.
Recht auf Notwehr: Wann ist Selbstverteidigung erlaubt?
Sich selbst mit Gewalt und auch unter Zuhilfenahme erlaubter Waffen zu verteidigen, ist als Form der Notwehr sowie der Nothilfe erlaubt. Wird man also selbst angegriffen oder ist direkter Zeuge des Angriffs auf eine dritte Person, so darf man zur Selbstverteidigung oder zur Verteidigung des Angegriffenen zu Gewalt und Waffen greifen.
Allerdings muss man dabei immer auf die Verhältnismäßigkeit achten und darf den Angreifer nicht unverhältnismäßig stark verletzen. Und man muss klar in Notwehr handeln – darf also unter dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ in einer Bedrohungssituation nicht als Erster angreifen.
Der Einsatz von Waffen für die Selbstverteidigung ist generell nur dann erlaubt, wenn eine unmittelbare Gefahr für das eigene Leben oder das einer dritten Person besteht.
Was bedeutet Verhältnismäßigkeit bei der Selbstverteidigung?
Selbstverteidigung in Notwehr muss immer verhältnismäßig sein. Das bedeutet, dass die Art und Weise der Gewaltanwendung verhältnismäßig zur Bedrohung sein muss. Man darf also nur so reagieren, dass man den Angriff sicher abwehrt. Einen unbewaffneten Taschendieb mit einem Schlagstock zu verprügeln, dürfte diese Verhältnismäßigkeit ebenso sprengen wie das Abfeuern von Pfefferspray in Reaktion auf einen kleinen Schubser.
Allerdings gibt es im § 33 StGB die Formulierung des „entschuldbaren Notwehrexzesses“: Übermäßige Gewalt bei der Selbstverteidigung kann als Folge von großer Furcht oder Verwirrung entschuldigt werden und dann straffrei bleiben. Ansonsten droht bei übermäßiger Gewaltanwendung im Rahmen der Selbstverteidigung ein Strafverfahren.
Alternative statt Waffen zur Selbstverteidigung: Taschenalarme
Dass die meisten zur Selbstverteidigung erlaubten Waffen im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen nicht mitgeführt werden dürfen, stellt viele Menschen vor ein Problem. Schließlich kann man sich nicht aussuchen, wann genau man in eine gefährliche Situation gerät. Wer beispielsweise beim Heimweg von einem Konzert überfallen wird, dürfte laut Vorschrift weder Abwehrspray noch Elektroschockgerät dabeihaben, um sich zu verteidigen. Und ein Kubotan wirksam einzusetzen, erfordert vorheriges Training.
Was also tun, wenn man sich als ungeübter Durchschnittsbürger einfach etwas sicherer fühlen möchte und auf gefährliche Situationen ein Stück weit vorbereitet sein will?
Es gibt eine Alternative zum Mitführen von Waffen: Taschenalarme. Das sind kleine Geräte, die als Schlüsselanhänger oder auch als Uhr gestaltet sein können. Sie werden durch das Ziehen eines Ringes oder Drücken eines Knopfes aktiviert und stoßen dann einen lauten Alarmton aus. Das lenkt sofort die Aufmerksamkeit der Umgebung auf die eigene Situation – und sorgt in der Regel dafür, dass man Hilfe gegen einen Aggressor bekommt. Oft werden Angreifer auch durch den Alarmton in die Flucht geschlagen.