Festnahme nach Jedermannsrecht: Wie läuft sowas ab?

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Festnahme nach Jedermannsrecht: Wie läuft sowas ab?

Wir haben in diversen Artikeln bereits auf die Festnahme nach dem Jedermannsrecht verwiesen – also auf das Recht, einen Straftäter auch als Privatperson festzunehmen. Heute beleuchten wir genauer, wie man dabei vorgehen muss – und welche Grenzen dabei zu beachten sind.

 

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Was ist die Festnahme nach Jedermannsrecht?

In § 127 StPO (Strafprozessordnung) ist das sogenannte Jedermannsrecht festgeschrieben. In Absatz 1 des § 127 StPO ist die vorläufige Festnahme nach Jedermannsrecht aufgeführt: „Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.“

 

Was ist die Festnahme nach Jedermannsrecht

Was ist die Festnahme nach Jedermannsrecht

 

Eine Festnahme ist laut Definition das Festhalten einer Person auf Grundlage zivil- oder strafrechtlicher Grundlagen. Dieses Festhalten muss nicht zwingend mit der Anwendung körperlicher Gewalt einhergehen. Wenn der Festgenommene freiwillig in Gewahrsam bleibt, muss man ihn nicht durch Haltegriffe oder ähnliches festsetzen.

 

Wer darf eine Festnahme nach Jedermannsrecht durchführen?

Festnahme nach Jedermannsrecht bedeutet: Jeder Bürger darf in einem Fall, in dem ein dringend Tatverdächtiger eine Gefahr darstellt oder zu fliehen versucht, eine vorläufige Festnahme vornehmen. Dies wird auch als Bürgerfestnahme bezeichnet.

 

Wann darf man eine Festnahme nach Jedermannsrecht machen?

Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit man gesetzeskonform eine Festnahme nach dem Jedermannsrecht durchführen darf.

 

Die Voraussetzungen für Bürgerfestnahmen sind:

  • Bei der Tat erwischt: Der Verdächtige bzw. Täter muss zwingend während der Straftat erwischt worden sein. Straftat bedeutet: Es muss ein Straftatbestand wie z. B. Diebstahl, Raub, Fahrerflucht, Vandalismus oder Körperverletzung erfüllt sein. Es reicht als Begründung für eine Festnahme nach Jedermannsrecht nicht aus, dass es eine starke Vermutung gibt, der Betreffende könnte die Straftat begangen haben. Deshalb werden Jedermanns-Festnahmen in der Regel durch Augenzeugen vorgenommen, die die Straftat selbst beobachtet haben.

 

  • Fluchtgefahr: Nur wenn Fluchtgefahr besteht, ist eine Festnahme nach Jedermannsrecht gerechtfertigt. Bleibt die verdächtige Person jedoch freiwillig am Tatort, so darf sie nicht einfach festgenommen werden.

 

  • Identitätsfeststellung gescheitert: Festhalten nach dem Jedermannsrecht darf man eine Person nur dann, wenn sie sich weigert, ihre Identität preiszugeben. Das bedeutet: Verweigert die auf frischer Tat erwischte Person das Vorzeigen eines Personalausweises oder eines ähnlichen Dokuments, anhand dessen man ihre Identität zweifelsfrei feststellen kann, ist eine Voraussetzung für die Festnahme nach Jedermannsrecht erfüllt. Legt die Person hingegen freiwillig ihren Ausweis vor, so dass man feststellen und dokumentiere kann, um wen es sich handelt, muss man sie anschließend im Zweifelsfall ziehen lassen, wenn sie sich vom Tatort zu entfernen versucht.

 

  • Verhältnismäßigkeit: Eine Festnahme ist eine sehr harte Maßnahme. Sie darf deshalb nur durchgesetzt werden, wenn die Straftat, bei der der Betreffende erwischt wurde, dazu im Verhältnis steht. Das bedeutet, dass der Verdächtige bei der Festnahme nicht erheblich verletzt werden darf. Es ist also nicht erlaubt, eine Festnahme nach Jedermannsrecht mit allen Mitteln durchzusetzen – sondern es muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Der Diebstahl eines Kaugummis rechtfertigt beispielsweise nicht, den Täter mit Gewalt zu Boden zu ringen, um ihn festzunehmen.

 

  • Notwehr: Wenn der Täter Gewalt anwendet, beispielsweise, um zu fliehen, so darf man sich in der Reaktion auf Notwehr berufen. Das bedeutet, dass die Festnahme nach Jedermannsrecht in diesem Fall unter das Notwehrrecht fällt. Dieses Recht ist im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) und im StGB (Strafgesetzbuch) verankert. Doch Vorsicht: Die Gewaltanwendung darf nur als Verteidigungsreaktion zum Einsatz kommen. Wehrt sich ein Täter hingegen nicht gegen eine Festnahme nach Jedermannsrecht, dann darf man ihn auch nicht mit Gewalt festnehmen.

Wichtig ist, niemals den Grund für die Festnahme aus den Augen zu verlieren: Es gilt, einen ertappten Straftäter festzuhalten, bis die Polizei eintrifft. Soll heißen: Überrascht man einen Einbrecher im eigenen Haus, darf man den nicht einfach für mehrere Stunden in den Keller einsperren und sich dabei auf das Jedermannsrecht berufen.

 

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Wie läuft eine Festnahme nach Jedermannsrecht ab?

Sind die Voraussetzungen für eine Festnahme nach Jedermannsrecht erfüllt, dann muss man dem Täter deutlich mitteilen, dass man ihn jetzt festnimmt und sich dabei auf das Jedermannsrecht beruft. Und man muss ihm verständlich vermitteln, aus welchem Grund man ihn festnimmt. Das kann dann in etwa so lauten: „Ich nehme Sie hiermit im Rahmen des Jedermannsrechts fest. Sie haben einen Taschendiebstahl begangen und weigern sich, Ihre Identität feststellen zu lassen.“

Parallel dazu sollte spätestens an diesem Punkt die Polizei gerufen werden.

 

Fügt sich der Betreffende in die Festnahme, dann sollte man sich so positionieren, dass er nicht ohne Weiteres flüchten kann. Dann wartet man gemeinsam auf das Eintreffen der Polizei. Fügt er sich hingegen nicht, sondern widersetzt sich der Festnahme, dann kann man ihn mit moderater Gewaltanwendung festhalten. Als Privatperson ist es jedoch nicht erlaubt, den Festgenommenen zu fesseln oder zu fixieren – beispielsweise mit Kabelbinder oder Klebeband. Wer das tut, macht sich laut § 239 StGB der Freiheitsberaubung strafbar.

Um im Zweifelsfall auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, den gesamten Ablauf zu dokumentieren. Das ist sehr einfach möglich, da ja heutzutage jeder ein Smartphone dabeihat, mit dem sich im Handumdrehen ein Video erstellen lässt. Möchte man für die Festnahme nach Jedermannsrecht die Hände frei haben, kann man Umstehende bitten, die Situation im Video zu dokumentieren. Dadurch lässt sich im Nachhinein beweisen, dass man beispielsweise keine übertriebene Gewalt angewendet hat – und dass man dem Täter klar zu verstehen gegeben hat, was genau man jetzt tun wird und warum.

 

Denn nicht selten kommt es im Nachhinein nach solch einem Vorfall zu Anzeigen durch die Straftäter gegen die Privatbürger, die die Festnahme durchgeführt haben. Meist lautet der Vorwurf auf unangemessene, übertriebene Gewaltanwendung. In solchen Fällen steht dann Wort gegen Wort. Daher ist es hilfreich, einerseits Zeugen und andererseits Videobeweise für den Vorgang zu haben, wenn man eine Bürgerfestnahme durchführt.

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Warum ist die Festnahme nach Jedermannsrecht so wichtig für die Sicherheitsbranche?

Private Sicherheitsunternehmen sind genau das: private Unternehmen. Sie sind also weder behördlich noch staatlich. Entsprechend haben sie bei ihrer Arbeit auch nicht dieselben Kompetenzen, über die staatliche Ordnungskräfte verfügen. Sondern sie haben nur die Rechte, die jede Privatperson auch hat. Das Jedermannsrecht ist daher eines der wichtigsten Grundlagen für die Sicherheitsarbeit. Denn in vielen Bereichen kommt man als Sicherheitsdienst nicht umhin, Notwehr anzuwenden oder eine Festnahme von Straftätern durchzuführen.

 

In welchen Bereichen kommt es häufiger zu einer Festnahme nach Jedermannsrecht?

Straftaten können in allen Bereichen vorkommen: in Verkaufsstätten, in Hotels, bei Veranstaltungen, im öffentlichen Raum, in Gebäuden oder auch auf Baustellen. Entsprechend können in all diesen Bereichen Festnahmen nach Jedermannsrecht notwendig sein.

 

In den folgenden Einsatzfeldern kommen Festnahmen nach dem Jedermannsrecht durch einen Sicherheitsdienst öfter mal vor:

 

Festnahme von Ladendieben

Mit Abstand am häufigsten kommt das Mittel der Festnahme nach dem Jedermannsrecht im Einzelhandel zum Einsatz. Es wird vorrangig durch Ladendetektive ausgeübt, die auf diese Weise Ladendiebe an der Flucht hindern. Denn der Job eines Kaufhausdetektives ist es ja, einen Ladendieb auf frischer Tat zu erwischen. Gelingt ihm dies und verweigert der Täter die Mitarbeit durch einwandfreie Identitätsfeststellung, dann ist eine Bürgerfestnahme oft das einzige Mittel, um die Flucht des Ladendiebes zu verhindern.

 

Festnahme Ladendieb

Festnahme Ladendieb

 

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Festnahme als Mittel im Veranstaltungsschutz

Bei der Security für Events kann ebenfalls die Notwendigkeit einer Festnahme bestehen. Das tritt häufig im Zusammenhang mit Alkoholkonsum ein: Betrunkene Gäste oder Besucher schlagen über die Stränge und greifen andere Personen an. Oder sie zerstören im trunkenen Zustand Sachwerte in der Einrichtung. Oder sie belästigen bzw. nötigen andere Gäste. All dies sind Anlässe für die Ordner im Eventschutz, einzugreifen und den Betreffenden „aus dem Verkehr zu ziehen“. Da sich mit Betrunkenen oft kaum reden lässt, kommt es in solchen Fällen fast zwangsläufig zu einer Festnahme – und anschließenden Übergabe an die Polizei.

Auch bei der Absicherung von Veranstaltungen wie Protestkundgebungen und Demonstrationen sind Festnahmen manchmal unumgänglich. Denn wenn die Emotionen hochschlagen und Personen aufeinander losgehen, müssen die Sicherheitskräfte schon allein deshalb die Gewalttäter festsetzen, um eine weitere Eskalation und eine Massenschlägerei zu verhindern.

 

Festnahmen im Objektschutz

Auch beim Objektschutz kann ein Sicherheitsdienst in die Lage kommen, eine Festnahme nach dem Jedermannsrecht durchführen zu müssen. Wenn die Wachleute bei der Nachtwache beispielsweise Einbrecher oder Saboteure auf dem Gelände erwischen, versuchen diese oft zu fliehen. Es häufen sich auch Fälle, in denen bei der LKW-Bewachung Diebe überrascht werden, beispielsweise beim Ladungsdiebstahl aus abgestellten LKWs.

 

Festnahmen bei der Baustellenbewachung

Kommt es im Rahmen der Baustellenbewachung zu einer Festnahme nach dem Jedermannsrecht, dann steckt meist Vandalismus als Straftat dahinter. Denn Baustellen ziehen gerade in den arbeitsfreien Zeiten und in der Nacht Vandalen an. Diese können richtig viel Schaden anrichten – da sind ein paar Graffitis am Bauzaun fast schon ein Kavaliersdelikt. Denn wenn sich gelangweilte Jugendliche oder auf mutwillige Zerstörung ausgerichtete Erwachsene auf einer Baustelle so richtig „austoben“, werden oft Maschinen, Geräte, Baustoffe und Fahrzeuge zerstört oder beschädigt. Sogar der Baufortschritt ist in Gefahr, wenn Vandalen auf einer Baustelle wüten.

Erwischt man daher solche Straftäter auf frischer Tat, werden sie mittels Bürgerfestnahme festgesetzt und der Polizei übergeben.

 

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Festnahmen beim Interventionsdienst

Besonders heikel kann die Situation für Sicherheitskräfte beim Interventionsdienst werden. Denn diese Einsatzkräfte werden bei Alarmmeldungen vor Ort geschickt – und wissen oft nicht, was genau sie dort erwartet. So kann es passieren, dass sie einen Einbrecher, Brandstifter oder einen Terror-Attentäter auf frischer Tat erwischen. In solchen Momenten ist schnelles Handeln essentiell, denn von solchen Personen geht oft enorme Gefahr aus. Die Festnahme nach dem Jedermannsrecht geht dann oft einher mit angemessener Gewaltanwendung.

 

Profi-Tipp: Im Zweifelsfall lieber auf die Festnahme verzichten

Zum Abschluss noch ein Tipp aus professioneller Erfahrung: Ist man sich nicht sicher, ob ein Verdächtiger die Tat wirklich begangen hat, oder fürchtet man einen Gewaltausbruch beim Versuch einer Festnahme, dann sollte man als Privatbürger lieber auf diese Maßnahme verzichten. Stattdessen kann man ein Zeugenvideo anfertigen, um der Polizei im Nachgang bei den Ermittlungen zu helfen. Sich selbst in Gefahr zu begeben, ist jedoch niemals eine gute Idee – auch nicht aus dem Gerechtigkeitsgedanken gegenüber Straftätern heraus.